
„Ein Schlüssel für Lebensqualität, Teilhabe und Klimaschutz“
Nikolai Werner ist für die strategische Planung der Mobilitätsstationen verantwortlich. Im Interview erzählt er, wie er ein Gefühl für den Ort bekommt und was ihn für seine Arbeit motiviert.
Was sind deine Aufgaben bei der CMD?
NW: Als leitender Planer bin ich für die strategische Planung und Umsetzung von Projekten im Bereich nachhaltige Mobilität verantwortlich. Zu meinen Aufgaben gehören Standortanalysen, die Entwicklung von Konzepten für Mobilitätsstationen, die Koordination verschiedener Stakeholder und die Ausbaustrategie von Mobilitätsstationen. Außerdem ist das Vorstellen von Planungen in unterschiedlichen Gremien und der Lokalpolitik mein Job. Ein weiterer Schwerpunkt liegt darin, Projekte so zu gestalten, dass sie die Klimaanpassung unterstützen und die Aufenthaltsqualität in der Stadt verbessern.
Wie läuft die Planung/der Bau einer Mobilitätsstation ab? Welche Faktoren sind relevant? Welche Stakeholder sind beteiligt?
NW: Die Planung beginnt mit einer Standortanalyse, bei der wir Faktoren wie Bevölkerungsdichte, Verkehrsströme und vorhandene Infrastruktur bewerten. Anschließend entwickeln wir ein Konzept, das sowohl die Bedürfnisse der Nutzer*innen als auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt. Das beinhaltet den stadträumlichen Kontext, also etwa die Bebauungsstruktur oder das Flächenangebot, die Erreichbarkeit und Sicherheit oder die Anbindung an bestehende Verkehrsmittel wie die Straßenbahn, den Bus oder auch Radwege. Darüber hinaus berücksichtigt das Konzept den Platzbedarf für die Module der Mobilitätsstation, also für Fahrräder, E-Scooter, Carsharing, Fahrradsammelschließfächer, Überdachungen oder Lastenräder sowie die Gestaltung der Aufenthaltsqualität durch Grünflächen, Sitzgelegenheiten und schattenspendende Elemente.
Zu unseren Stakeholdern gehören die öffentliche Verwaltung, insbesondere das Amt für Verkehrsmanagement, die Politik, die Bürgerschaft, lokale Unternehmen, vor allem die Gastronomie, Carsharing-Anbieter, Initiativen, Behindertenverbände und teilweise auch Bauträger. Ein frühzeitiger Dialog mit allen Beteiligten ist entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen und reibungslose Abläufe zu gewährleisten.
Wie bekommst du ein Gefühl für den Ort, an dem eine Mobilitätsstation entstehen soll?
NW: Ich kombiniere objektive Analysen mit einem subjektiven Eindruck des Ortes. Vor Ort schaue ich mir die Verkehrsströme, die vorhandene Infrastruktur und die Bewegungsmuster der Menschen an. Gespräche mit lokalen Akteur- wie Anwohner*innen oder Stadtteilvereinen helfen, die Bedürfnisse vor Ort besser zu verstehen. Oft sind wir auch mehrmals vor Ort, um an verschiedenen Wochentagen und zu unterschiedlichen Tageszeiten einen besseren Gesamteindruck zu bekommen. In der Architektur nennt man das den Genius Loci. Wir versuchen, den Geist des Ortes zu verstehen, um eine möglichst gut integrierte Mobilitätsstation im Sinne der Nutzer*innen zu gestalten. Besonderes Augenmerk lege ich darauf, wie der Ort in das Stadtklima eingebunden ist und welche Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität beitragen können.
Was sind klassische Herausforderungen im Planungsprozess?
NW: Eine der häufigsten Herausforderungen ist die Flächenkonkurrenz. Der Platz in städtischen Gebieten und im öffentlichen Raum ist begrenzt. Insbesondere in dicht bebauten Gebieten wie Pempelfort, Stadtmitte, Unterbilk oder Oberbilk, wo wir unsere Quartiersstationen gerne realisieren, ist es oft schwierig, alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Ein weiterer Punkt ist die Akzeptanz: Es kann Bedenken seitens der Anwohner*innen, anderen Interessengruppen oder der Politik geben. Ist die Mobilitätsstation aber erst einmal realisiert, sind in der Regel alle sehr froh, dass der Straßenraum umgestaltet wurde und neue Mobilitätsangebote das Leben komfortabler machen.

Auch eine Herausforderung ist das Genehmigungsverfahren. Gerade bei innovativen oder unkonventionellen Projekten wie unseren Mobilitätsstationen können diese langwierig sein. Hier wünschen wir uns eine Beschleunigung und Digitalisierung der Abstimmungs- und Genehmigungsverfahren. Nicht zuletzt ist auch die Klimaanpassung ein Punkt. Es muss sichergestellt werden, dass die Mobilitätsstationen den Herausforderungen höherer Temperaturen und extremerer Wetterbedingungen gewachsen sind. Unser Ziel ist es, diese Themen integrativ zu betrachten und mit jeder realisierten Mobilitätsstation auch einen Beitrag zur Klimaanpassung und zur sozialen Stadt mit mehr Aufenthaltsqualität zu leisten.
Wie lange dauert der gesamte Prozess?
NW: Der Prozess von der Idee bis zur Fertigstellung kann je nach Projektumfang zwischen sechs Monaten und drei Jahren dauern. Im Vergleich zu anderen Infrastrukturprojekten sind Mobilitätsstationen oft schneller realisierbar, insbesondere wenn keine komplexen Baumaßnahmen erforderlich sind. Dennoch hängt viel von der Zusammenarbeit mit den Behörden und der Akzeptanz vor Ort ab. Bereits der Planungsprozess dauert oft circa ein Jahr. Hier sind besonders die Abstimmungsprozesse mit verschiedenen Akteur*innen sowie die Genehmigungsverfahren mit der Verwaltung sehr zeitintensiv.
Gibt es übergeordnete Trends in der Stadtplanung? Was ist für eine nachhaltige Stadtplanung wichtig?
NW: Zu den aktuellen Trends gehört etwa die 15-Minuten-Stadt. Das Ziel ist hier, alle wichtigen Einrichtungen innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar zu machen. Unsere Mobilitätsstationen leisten dazu einen wichtigen Beitrag. Weitere Punkte sind grüne Infrastruktur, Klimaanpassung und Schwammstadt, also Stadträume so gestalten, dass Hitzeinseln reduziert, Wasser effizient genutzt und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Extremwetterereignissen gefördert wird. Dazu gehören mehr Grünflächen und die Integration von Natur in urbane Räume. Auch unsere Klimaanpassungsmaßnahmen im Rahmen von Mobilitätsstationen leisten hier einen wichtigen Beitrag und entsiegeln bisher versiegelte Flächen. Ein weiterer Trend zielt auf lokale Aufenthaltsqualität und gesellschaftliche Teilhabe. Das beinhaltet die Gestaltung von Räumen, die zum Verweilen einladen, etwa durch Schattenplätze, Sitzgelegenheiten und barrierefreie Zugänge.
Städte und ihre Herausforderungen verändern sich ständig. Düsseldorf befindet sich in einem andauernden und tiefgreifenden Transformations- und Aushandlungsprozess. Dabei spüren wir alle in den letzten Jahren, dass sich unser Zusammenleben, unsere Art zu kommunizieren, unsere Erwartungen an die gebaute Umwelt und ihre Nachhaltigkeit grundlegend verändern. Hier versuchen wir, durch gute Kommunikation und integrierte Planung möglichst allen gerecht zu werden und die starken zivilgesellschaftlichen Akteur*innen mit ins Boot zu holen. Der klassische Dreiklang aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft wird so gewinnbringend ergänzt.
Was motiviert dich an der Stadtplanung im Allgemeinen und an der Planung von Mobilitätsstationen im Besonderen?
NW: Mich motiviert die Möglichkeit, das Leben in Städten aktiv zu verbessern. Mobilität ist ein Schlüssel für Lebensqualität, gesellschaftliche Teilhabe und Klimaschutz. Die Arbeit an Mobilitätsstationen ist besonders reizvoll, weil sie konkrete Orte sind, an denen nachhaltige Mobilität und hohe Aufenthaltsqualität unmittelbar aufeinandertreffen. Es freut mich, Lösungen zu entwickeln, die die Menschen begeistern und gleichzeitig die Umwelt schonen. Durch unser hohes Tempo bei der Umsetzung der Mobilitätsstationen werden diese Ziele auch schneller sichtbar als in klassischen, sehr langwierigen Stadtplanungsprozessen. Das ist großartig!